Gemeindefinanzen planen oder spekulieren? / Die GFL-Empfehlungen zur Volksabstimmung vom 30. November
Man braucht wirklich nicht Finanzen studiert zu haben. Wer privat schon einmal ein Budget gemacht hat, kennt die Problematik: Wenn sich grössere Ausgaben abzeichnen, z. B. eine Ersatzanschaffung oder Ausbildungskosten, und die vorhandenen Reserven zur Finanzierung nicht ausreichen, kommt wohl niemand auf die Idee, das Einkommen freiwillig zu reduzieren (z. B. durch Senkung des Beschäftigungsgrads).
Die Gemeinde Zollikofen ist in genau dieser Lage: Es stehen Investitionen in der Höhe von Dutzenden von Millionen Franken an, u. a. in die Schulinfrastruktur, und das Geld dafür liegt in der Gemeindekasse nicht bereit. Unter diesen Umständen den Steuersatz und damit die Einnahmen zu reduzieren, wäre leichtsinnig. Denn die Gemeinde hätte keinerlei Garantie, den Steuersatz rechtzeitig wieder erhöhen zu können. Und durchschnittliche Steuerzahlende würden vorübergehend ohnehin nur ein paar wenige Franken einsparen. Für das Wohl der Gemeinde müssen wir die Steuersenkung ablehnen.
Für den GFL-Vorstand: Stephan Greber, Mitglied der Finanzkommission
> Weitere Informationen: Was die Steuersenkung fürs eigene Portemonnaie bzw. der Gemeinde brächte – siehe Beitrag von Bruno Vanoni, Grossrat und GGR-Mitglied
Die Abstimmungsempfehlungen der GFL für den 30. November im Überblick:
- JA zum Neubau Kindergärten, Mehrzweckraum und Tagesschule Steinibach
- JA zum Budget 2026 mit Steueranlage 1.40 (Variante 1)
- NEIN zum Budget 2026 mit Steueranlage 1.35 (Variante 2)
- Bei der Stichfrage ankreuzen: Variante 1 Steueranlage 1.40
- JA zur Volksinitiative «Für eine soziale Klimapolitik – steuerlich gerecht finanziert (Initiative für eine Zukunft)»
- NEIN zur Volksinitiative «Für eine engagierte Schweiz (Service-citoyen-Initiative)»
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Was brächte das Budget 2026 mit Steuersenkung den Steuerzahlenden – und was der Gemeinde?
Am 30. November haben die Stimmberechtigten von Zollikofen die Wahl zwischen zwei Varianten:
- Variante 1: Budget 2026 mit gleichbleibender Steueranlage von 1.40 (wie vom Grossen Gemeinderat mehrheitlich befürwortet)
- Variante 2: Budget 2026 mit reduzierter Steueranlage von 1.35.
Für die Mehrheit der Steuerzahlenden brächte eine Annahme der Variante 2 eine sehr bescheidene Steuerentlastung von wenigen Franken pro Monat, zum Beispiel:
- Der finanziell schwächste Viertel der Steuerzahlenden würde um 0 bis maximal 3 Franken pro Monat entlastet.
- Ein durchschnittlicher Steuerzahler müsste monatlich maximal etwa 7 Franken weniger bezahlen – für die Hälfte der Steuerzahlenden Zollikofens wäre die Entlastung kleiner.
- Weil die Gemeindesteuern bloss einen Teil der Steuerbelastung ausmachen, würde die Entlastung nur etwa 0,1 – 0,2 % des Einkommens der Steuerzahlenden ausmachen.
Für die Gemeinde Zollikofen (mit dem angestauten Investitionsbedarf von mindestens 60 Millionen Franken für die anstehenden Schulraum-Generationenprojekte!) brächte die Variante 2 mit Steuersenkung:
- ein defizitäres Budget 2026, also rote Zahlen
- ein noch schlechterer Selbstfinanzierungsgrad: mehr als drei Viertel der geplanten Investitionen müssen «auf Pump» finanziert werden.
- ein Finanzierungsfehlbetrag von 5 Millionen Franken, was die aktuell schuldenfreie Gemeinde früher und stärker als geplant in Schulden stürzen würde
- schlechtere Startbedingungen für die dringend benötigten Schulraum-Generationenprojekte, die bis 2030 zu einer Neuverschuldung von jährlich 10 Millionen Franken führen
- schmerzhafte Sparmassnahmen und wachsende Schuldenberge, wenn die Steuern nicht bald wieder erhöht werden könnten.
Die Auflistung zeigt: Die Stimmberechtigten von Zollikofen müssen sich am 30. November entscheiden, was ihnen wichtiger ist: wenig Geld mehr im eigenen Portemonnaie – oder das Wohl der ganzen Gemeinde.
Bruno Vanoni, GGR-Mitglied und Grossrat