
Den Eigenmietwert abschaffen? Das wäre ungerecht und schädlich!
«Bundesbeschluss über die kantonalen Liegenschaftssteuern auf Zweitliegenschaften» – hinter dem sperrigen Titel der Abstimmungsvorlage vom 28. September versteckt sich das Ziel des Hauseigentümerverbands, den so genannten «Eigenmietwert» abzuschaffen. Dieser sei ungerecht; die Hauseigentümer müssten ein «fiktives» Einkommen versteuern. Ist da etwas dran?
Lohn ist als Einkommen zu versteuern. Zinsen, die meine Bankkonten abwerfen, ebenfalls. Wenn ich ein Haus oder eine Wohnung vermiete, gelten auch die Mieteinnahmen als Einkommen. Wohne ich aber selber in meinem Haus, dann zahle ich keinen Mietzins. Mein in der Liegenschaft investiertes Vermögen ermöglicht es mir, gratis zu wohnen.
Unfair gegenüber den Mieter/innen
Die nicht bezahlten Mietzinse nennt man «Naturaleinkommen». Auch meine Meertrübeli-Ernte ist ein Naturaleinkommen, mit dem Unterschied allerdings, dass sich die Steuerverwaltung nicht für diese Bagatelle interessiert. Bei den eingesparten Mietzinsen geht es hingegen um fünfstellige Beträge, die Wohneigentümer – im Gegensatz zu Mietern – nicht ausgeben müssen. Wenn man den Eigenmietwert abschaffen würde, müsste man aus Gründen der Steuergerechtigkeit den Mietern im Gegenzug erlauben, ihre Mietzinsen vom Einkommen abzuziehen. Denn unsere Bundesverfassung verlangt die Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Diesen Anspruch erfüllt das aktuelle System.
Schädlich wegen Mindereinnahmen
Die Abschaffung des Eigenmietwerts wäre eine nicht zu rechtfertigende Privilegierung der Wohneigentümer. Sie müsste von der Allgemeinheit finanziert werden. Der Bundesrat erwartet jährliche Steuer-Mindereinnahmen für Bund, Kantone und Gemeinden in Milliardenhöhe. Allein im Kanton Bern wäre jährlich mit Einbussen bis zu 100 Millionen Franken zu rechnen.
Deshalb stimme ich NEIN zu dieser Abstimmungsvorlage.
Stephan Greber, GFL-Vertreter in der Finanzkommission
Weitere Abstimmungsempfehlungen:
- JA zur kantonalen Volksinitiative «Für faire und bezahlbare Mieten dank transparenter Vormiete (Miet-Initiative)»
- e-ID-Gesetz: Empfehlung folgt nach dem Info-Abend vom 9. September
> Weitere Informationen zu den Abstimmungsvorlagen vom 28. September 2025